Digitale Kaninchen im Klassenzimmer

Das europäische Lehrer-Netzwerk „Science on Stage“ entwickelt neue Methoden, um Schüler für Naturwissenschaften zu begeistern.

Wer die Vererbungslehre mit Bohnen nur aus dem Schulbuch kennt, wird vom Projekt iStage eines Besseren belehrt: Digitalen Manipulationen von genetischer Vererbung sind nämlich im Gegensatz zum Schulbuch keine Grenzen gesetzt. Ganze Kaninchenherden pflanzen sich per Mausklick fort. Die Initiative von Science on Stage will innovative Ideen zur Verbesserung des Unterrichtes in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern entwickeln – und nutzt zur Visualisierung tierische Versuche, zum Beispiel mit Kaninchen.

Insgesamt 22 Lehrer aus verschiedenen europäischen Ländern, die sich für das Projekt iStage zusammengeschlossen hatten, entwickelten basierend auf dem Programm Flash eine Software, die eine ganze Kaninchenherde in mehr als zehn Generationen simuliert. Die Variablen sind beliebig veränderbar: Die Tiere sind mal braun und mal weiß, mal überwiegen die Männchen und mal die Weibchen. Die Schüler können experimentieren: Wie verändert sich die Generationenfolge, wenn für mehrere Winter der Schnee ausbleibt und die weißen Exemplare leichte Beute für natürliche Feinde sind? Und stirbt deshalb auch die Gen-Sequenz für weiße Fellfarbe völlig aus?

„Junge Menschen haben heute eine hohe Affinität zu Computern“, erklärt Jean-Luc Richter. Der Lehrer aus Frankreich war maßgeblich am Projekt iStage beteiligt und ist sicher, dass der Einsatz von IT den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht für Schülerinnen und Schüler spannender macht. Nach wie vor ist die Digitalisierung des Unterrichts jedoch eine große Herausforderung für Lehrer. Aus diesem Grund hat „Science on Stage“ mit SAP die Initiative iStage ins Leben gerufen. Science on Stage ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Ziel es ist, den europäischen Austausch und die Vernetzung zwischen Lehrern der Naturwissenschaft zu fördern – und dabei einen Blick über den nationalen Tellerrand zu bieten. So auch im Projekt iStage, an dem Lehrer aus mehr als 15 Ländern beteiligt waren. Das Ergebnis ist eine Handreichung von Lehrern für Lehrer. Der Inhalt: Methoden, um Wissen anschaulicher und lebendiger zu vermitteln. Damit nicht jede Lehrkraft das Rad neu erfinden muss, beinhaltet die Broschüre einen Anhang, in dem die Softwareprogramme für den Unterricht aufgelistet werden. Erhältlich sind die Materialien in deutscher, englischer und französischer Sprache. In Deutschland bietet Science on Stage zusätzlich mehrere Lehrer-Coachings in verschiedenen Städten an. Die Publikation lässt sich auch als iBook kostenlos downloaden.

Die Idee, Naturwissenschaft und Informationstechnologie miteinander zu verbinden, scheint schon jetzt Früchte zu tragen. Allein in Deutschland sind kurz nach Veröffentlichung der Broschüre über 100 Vorbestellungen eingegangen. Und das Team um Jean-Luc Richter trifft schon erste Vorbereitungen für iStage 2. Diesmal soll der Unterricht mit Smartphones aufgewertet werden. „Jeder Schüler besitzt eines“, so der französische Lehrer, „da können die Schüler auch lernen, sinnvollere Dinge damit zu machen, als nur damit zu spielen.“